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Schwarzbuch

Simon hält Ausschuss zur Bodenreform für überflüssig / MOZ, den 10. Juni 2008


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Potsdam (ddp)

Die frühere Finanzministerin Wilma Simon (SPD) kann nach eigenen Angaben nicht zur Aufklärung der Affäre um die unrechtmäßige Enteignung von Bodenreformland-Erben durch das Land beitragen. Sie sei als Ministerin kaum mit dem Thema befasst gewesen, sagte Simon am Dienstag als erste Zeugin des Untersuchungsausschusses im Landtag. Die Entscheidungen seien im Wesentlichen auf Arbeitsebene getroffen worden. Sie sei auch nicht über einzelne juristische Schritte informiert worden. Das sei auch normal gewesen. Im Nachhinein könne sie jedoch sagen: "Ich hätte schon ganz gern davon gewusst."

Das Land hatte bis zum Ablauf einer Verjährungsfrist am 2. Oktober 2000 in 10 000 Fällen Bodenreformland an sich selbst übertragen, weil für die Flächen keine Erben gefunden worden waren. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte diese Praxis im Dezember 2007 für nichtig erklärt und als sittenwidrig bezeichnet. Das Land hatte daraufhin alle noch laufenden Grundbucheintragungen gestoppt und die Rückgabe an möglicherweise noch auftauchende Erben in Aussicht gestellt.

Simon kritisierte das BGH-Urteil als "völlig überzogen" und in der Sprache "heftig". Der Richterspruch sei "mindestens so sittenwidrig" wie das vom Gericht kritisierte Verhalten des Landes. Die Verwaltung habe nicht bewusst falsch gehandelt. Deshalb halte sie auch den Untersuchungsausschuss für überflüssig.

Sie selbst habe 1996 durch eine Kabinettsvorlage von der Bodenreform-Problematik Kenntnis bekommen. Damals seien Dienstleister mit der Suche nach Erben beauftragt worden. Dass die Suche möglicherweise nicht vor Ablauf einer Verjährungsfrist abgeschlossen werden könnte, habe sie nicht gewusst. "Das hat die Hausspitze nicht erreicht", sagte die frühere Ministerin. Die Verwaltung habe im Glauben gehandelt, sich an die Vorschriften zu halten. Vorsatz könne sie nicht erkennen. Schließlich sei in 80 000 Fällen nach Erben gesucht worden, 70 000 Fälle seien problemlos gelöst worden.

Dass Brandenburg im Gegensatz zu einem anderen ostdeutschen Land nicht bei Nachbarn nach möglichen Erben fragte, hält Simon für normal. Es sei üblich, dass die Verwaltung nach Aktenlage, also in Grundbüchern oder ähnlichen Dokumenten, recherchiere und nicht in den einzelnen Dörfern Leute befrage.

Dienstag, 10. Juni 2008