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Schwarzbuch

Reaktion der SPD und der Regierungsstellen auf das Neusiedler-Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte


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Stellungnahme von Frau Herrlein-Ramdohr für ARE-Forum und Dokumentation

Man sollte es nicht für möglich halten:

Um das geraubte Grundvermögen behalten zu können, heucheln die Regierung und verantwortliche SPD-Partei-Vertreter (z.B. Richard Schröder in der Replik auf Michael Naumann in der ZEIT und der Schweriner Bundestagsabgeordnete Hacker in seinem Rundschreiben für die Bundestagsfraktion der SPD ) Mitleid mit den zu DDR-Zeiten enteigneten Neusiedlern. Diese könnten- so tönt es- nicht schlechter behandelt werden als solche, die durch das Urteil des Europäischen Geruchtshof für Menschenrechte begünstigt sind. Also sollen diese ebenfalls ihr Eigentum nicht behalten dürfen und müssen es dem Staat entschädigungslos weiterhin überlassen. Wenn schon Gleichheit im Unrecht, dann mit aller Konsequenz: Es lebe die DDR-Rechtswirklichkeit! - Und der "Rechtsstaat BRD" setzt mit vollem Einsatz alles daran, das SED-Regime noch zu übertreffen.

Wie es die Reaktionen dieser Politiker in letzter Zeit zeigen, bis hin zur der denkwürdigen Presseerklärung des Justizministeriums zu den politischen Absichten, die hinter der Anrufung der Großen Kammer des EGMR vom 26. Febrauar d.J. stecken, hat diese Heuchelei vor allem den Zweck, auch das ursprünglich zwischen 1945 und 1949 den "Alteigentümern" geraubte Vermögen auf Biegen und Brechen endgültig dem Staat zuzuschanzen. (Die Gros Neusiedler-Eigentum wähnte man ja schon als "abgehakt" und als beim Fiskus gut aufgeboben). Wenn Regierung und Haupt-Regierungspartei SPD wirklich Gerechtigkeit im Sinne hätten, dann hätte sie so schnell wie möglich, wenn schon nicht nach der Wiedervereinigung, dann beim Amtsantritt dafür gesorgt, daß das enteignete Vermögen durch einen gerechten Ausgleich zwischen Alteigentümern und Neusiedlern echt "reprivatisiert" worden wäre.

Abgesehen davon, daß dann wohl einige der jetzt zum Ritual gewordenen Klagelieder über das Scheitern des "Aufbau Ost" weniger schrill klingen müßten, wäre Deutschland die Blamage erspart geblieben, 2004/2005 massiv vor den europäischen Richtern stehen und eine so dürftige Figur -wie schon geschehen- abgeben zu müssen. Statt dessen wird nun der verlogene SBZ/DDR-Klassenkampf-Slogen "Junkerland in Bauernhand", was in Wirklichkeit bedeutete: "Enteignetes Vermögen, ob groß oder klein, in Staatshand" indirekt und in Varianten wieder aufgewärmt.-

Um das enteignete Vermögen in Staats -übrigens oft genug auch in Bonzenhand- zu belassen, malt man im Fall der Rückgabe die Gefahr eines gefährlichen Zwistes zwischen Neusiedler-Erben und Alteigentümern an die Wand, versucht also, die einen von Unrecht Betroffenen gegen die anderen, ebenfalls mit Unrecht überzogenen, auszuspielen. Ein "Problem", daß es real gar nicht gibt, zumal es bei den geforderten Rückgaben an "Alteigentümer" nur um im Bundesbesitz befindliches Beuteland geht, nicht um das den Neusiedlern verbliebene oder zuückübertragene, über das sich diese beiden Gruppen vertraglich laut Abmachung von 1999 einvernehmlich einigen.

Das alles paßt natürlich dem räuberischen Fiskus nicht: Um das unrechtmäßig übernommene Riesenvermögen zu behalten, huldigt der Staat der Maxime: Bei uns heiligt der Zweck alle Mittel, auch die schäbigsten! Und unter den Krokodilstränen über den Mißerfolg des "Aufbau Ost" und hinter den modischen Versuchsballons mit angeblichen Vorschlägen zum Handeln für die "Sonderzonis", lugt das ganze Lügengebäude hervor, das erkennen läßt: Es soll ernstlich dem Übel ja gar nicht an die Wurzel gegangen werden!

Denn das würde bedeuten, angesichts der seit Thematisierung des nun offensichtlichen und unbestreitbaren Scheiterns der Nach-Wende-Politik wichtige Konsequenzen zu ziehen. Und sogar die staatsmännische Weitsicht erkennen zu lassen, die deutlichen "Signale von Straßburg" als hilfreiche Ansätze zur Neuorientierung zu verstehen, rechtliche Korrekturen zu akzeptieren. Und jetzt ernst zu machen. Das hieße dann ja:
"Wirklich umsteueuern! Eigentumsrechte herstellen! Entstandenen Schaden begrenzen!"
Nichts ist davon weit und breit bisher bei den Offiziellen und Verantwortlichen zu sehen. Als Staatsangehörige dieses Landes schäme ich mich über diese Zustände in Deutschland.

gez. Dorothea Herrlein-Ramdohr 15.04.2004.