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Rechtspfleger: Viele Fehler im Umgang mit der Bodenreform-Affäre / MOZ vom 05.05.2008


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 In dem Umgang des Landes Brandenburg mit Bodenreform-Grundstücken steckte nach Ansicht der Rechtspfleger von Anfang an der Wurm. Dies reiche von einer zu späten Suche nach Erben über Fehler bei der Recherche bis zur bewussten Missachtung von Hinweisen auf Erbscheine in Grundbuchakten. "Das Land hat Torschlusspanik bekommen", kritisierte der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Rechtspfleger in Brandenburg, Marc Gernert, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Rechtspfleger sind Beamte und bearbeiten auch Grundbucheinträge.

Das Land hatte sich bis zur Verjährungsfrist am 2. Oktober 2000 in rund 10 200 Fällen anstelle "unbekannter Erben" als Eigentümer von Bodenreformland ins Grundbuch eintragen lassen oder dies beantragt. Der Bundesgerichtshof (BGH) nannte diese Praxis im Dezember 2007 "sittenwidrig". Für so ein Vorgehen habe Brandenburg keine ausreichende Erbenforschung betrieben, hieß es im Urteil.

"Man hat sich zu spät darum gekümmert", sagte Gernert. Er selbst habe von 1997 bis 2000 im Grundbuchamt Frankfurt (Oder) gearbeitet. "Mir sind aber solche Fälle nicht untergekommen." Erst als es auf den Stichtag zuging, sei die Zahl der Anträge auf Auflassung (Übertragung) dramatisch gestiegen.

"Damals hatten die Rechtspfleger oft zahlreiche Anträge auf Eintragung des Landes ins Grundbuch auf dem Tisch, mit der Begründung, dass kein Erbe ermittelt werden konnte", berichtete Gernert. Nicht selten habe sich dann aber in der Grundbuchakte - das ist die zum jeweiligen Grundbuch gehörende Sammlung von Unterlagen zum Grundstück - ein Erbschein gefunden. "Da sind die Kollegen natürlich stutzig geworden."

"Offenbar haben die mit der Suche nach Erben beauftragten Unternehmen oft nur ins Grundbuch geschaut, aber nicht in die Akte", vermutete Gernert. "Wenn man uns um Rat gefragt hätte, hätten wir zuallererst einen Blick in die Grundbuchakten empfohlen." Professionelle Erbenermittler hätten mit Sicherheit sehr viel erfolgreicher gearbeitet.

Wenn Notare im Auftrag des Landes die Eintragung Brandenburgs beantragten, sich aber Erbscheine in den Akten fanden, hätten sich Rechtspfleger geweigert, berichtete Gernert. Gegen die Entscheidung hätten viele Notare aber Beschwerde bei den Landgerichten eingelegt und auch Recht bekommen. Dann musste die Eintragung erfolgen.

In rund 6600 Fällen wurde das Land tatsächlich ins Grundbuch eingetragen. "Jetzt muss das Land die Arbeit nachholen, die es vorher hätte leisten müssen" sagte Gernert.

Montag, 05. Mai 2008