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Die Linke übt heftige Justiz-Schelte--Staatsanwalt ermittelt in Bodenreform-Affäre nicht

POTSDAM. Auf heftige Kritik stieß gestern die Ankündigung der Potsdamer Staatsanwaltschaft, in der Bodenreform-Affäre keine Ermittlungen gegen das Land Brandenburg aufzunehmen. "Diese Entscheidung ist juristisch nicht nachvollziehbar", teilte Wolfgang Neskovic, Cottbuser Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, gestern mit. Schließlich habe der Bundesgerichtshof unmissverständlich entschieden, dass die bisherige Praxis im Land "sittenwidrig" und nichtig sei. Neskovic empfahl den betroffenen Erben von Bodenreform-Land, die bereits Anzeige erstattet haben, nun den Rechtsweg zu beschreiten. "Nach einer Beschwerde zum Generalstaatsanwalt kommt hier auch das sogenannte Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht infrage", so Neskovic.

Die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam hatte zuvor mitgeteilt, dass sie in der Bodenreform-Affäre der Landesregierung keine Ermittlungen wegen Untreue aufnehmen werde. Nach Durchsicht von Akten der Ministerien für Finanzen, Inneres und Justiz fehle dafür ein Anfangsverdacht, so ein Sprecher. Es gebe auch keinen Anhaltspunkt für eine Anstiftung zur Untreue durch Vorgesetzte in den Behörden. Die Landesregierung habe nach eigenem Verständnis in den Jahren 1999 und 2000 in Übereinstimmung mit geltendem Recht gehandelt. Dabei hatte sich das Land in rund 10 000 Fällen an Stelle unbekannter Erben in Grundbücher eintragen lassen.

PRESSEMITTEILUNG von Cornelia Behm, agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12. März

Agrarausschuss des Bundestages befasste sich mit Neubauernenteignungen

C. Behm: Bundesregierung muss handeln

Auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Agrarausschuss des Deutschen Bundestages heute mit der Affäre um die Neubauern-Enteignungen in Brandenburg befasst. Dabei forderte die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Engagement des Bundes ein, um Rechtsfrieden zu schaffen. Behm will sich mit der Aussage der Bundesregierung, dass das Handeln der Länder bei den Neubauernenteignungen nicht der Aufsicht der Bundesregierung unterliegt, nicht zufrieden geben. Außerdem stellt sich für Frau Behm nach wie vor die Frage, ob die Änderung der Rechtslage notwendig ist, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Man solle darüber nachdenken, die Besitzwechselregelungen für Neubauerngrundstücke noch einmal zu überprüfen.

Bruchmanns Acker : Eine Familie fordert ein Stück Land zurück.---Berliner Zeitung 10.03.08

von Martin Klesmann

Eine Familie fordert ein Stück Land zurück. Die brandenburgische Regierung hatte es ihr genommen. Doch das Recht ist auf Seiten der Bürger

Schwere Vorwürfe gegen Staatsanwälte

Die Ermittler sehen bei den Enteignungen keinen Vorsatz. Die Betroffenen wollen nun Beschwerde einlegen

Von Ralf Schönball - Tagesspiegel

Scharfe Kritik folgte auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Potsdam,keine strafrechtliche Ermittlungen in der Bodenreform-Affäre führen zu wollen. Die „Arbeitsgemeinschaft Recht und Eigentum“ wird Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft einlegen. Die Vertreter enteigneter Erben von Bodenreformflächen hatten die Anzeige erstattet, die zu den Vorermittlungen führte. Der frühere stellvertretende Vorsitzende Richter im Bundesgerichtshof, Wolfgang Neskovic sagte: Die

Entscheidung sei „juristisch nicht nachvollziehbar“. Diese Einschätzung teilen wegen des klaren Urteils des Bundesgerichtshofs viele Experten: Nach einem Protokoll der mündlichen Verhandlung am BGH, das dem Tagesspiegel vorliegt, hatte das oberste Zivilgericht Potsdams Vorgehen am Beispiel „einer vorsätzlichen, veruntreuenden Unterschlagung“ ausgeführt - einem strafrechtlichen Vorwurf also. Neskovic, der für die Linke im Bundestag sitzt, rät Betroffenen, Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen oder ein „Klageerzwingungsverfahren“ vor dem Oberlandesgericht zu führen. „Strafrechtliche Ermittlungen wären hier zwingend erforderlich gewesen“, sagt er. Pflichtwidrigeres Verhalten als das hier vom BGH festgestellte „sittenwidrige“ Handeln des Landes gebe es nicht. Der Vorsatz der Beteiligten sei offensichtlich: Die Grundstücke sollten noch schnell in Landeseigentum gehen, ohne Anhörung der Eigentümer, da die Flächen nach Ablauf der Verjährungsfrist den Erben zustanden. Daher sei ein „objektiver Vermögensnachteil“ bei den enteigneten Erben entstanden. „Daran kann nach dem Urteil des BGH nicht ernsthaft gezweifelt werden“, so Neskovic. Den ermittelnden Staatsanwälten droht auch eine Anzeige wegen „Strafvereitelung im Amt“. Diese will Thorsten Purps „ernsthaft prüfen“. Der Rechtsanwalt, der die Anzeige erstattet hatte, sieht sich von den Ermittlern düpiert: Die Akteneinsicht, die man ihm am 5.März „in Kürze“ in Aussicht gestellt habe, sei dann herausgezögert worden bis nach der umstrittenen Entscheidung. „Höchst ungewöhnlich“ sei auch der Alleingang der Ermittler: „Diese kündigen normalerweise den Anzeigeerstattenden die Einstellung wenigstens an, um auch ein letztes Mal zu prüfen, ob sie nichts übersehen haben“, so Purps. Aus der elfseitigen Begründung der Staatsanwaltschaft umschiffen die Ermittler den Rechtsexperten zufolge den zentralen Vorwurf: Dass Potsdam als „gesetzlicher Vertreter“ der enteigneten Erben durch die Landnahme deren Nachteil vorsätzlich herbeiführte. Als „Rückschlag für den Rechtsstaat und Rückfall hinter das BGH-Urteil“, wertete Ulrich Mohr das Ende der Vorermittlungen. Er hatte das BGH-Urteil erstritten und sieht im Die „weisungsgebundenen Beamten von Justizministerin Beate Blechinger“ unterschätzten Kompetenz und Verantwortung der Gerichtsbarkeit.

Keine Ermittlungen wegen Untreue in Bodenreform-Affäre ( MOZ 11. 03.08)

Potsdam (dpa) In der Bodenreform-Affäre der brandenburgischen Landesregierung wird die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam nicht wegen Untreue ermitteln. Nach Durchsicht von Akten der Ministerien für Finanzen, Inneres und Justiz fehle dafür ein Anfangsverdacht, teilte ein Sprecher am Montag mit. Es gebe auch keinen Anhaltspunkt für eine Anstiftung zur Untreue durch Vorgesetzte in den Behörden. Die Regierung habe nach eigenem Verständnis in den Jahren 1999 und 2000 in Übereinstimmung mit geltendem Recht gehandelt. Dabei hatte sich das Land vor Ablauf einer Verjährungsfrist am 2. Oktober 2000 in rund 10 000 Fällen anstelle unbekannter Erben als Eigentümer von Bodenreformland in Grundbücher eintragen lassen.

Diese Praxis hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zu Jahresbeginn für "sittenwidrig und nichtig" erklärt. Bodenreformland bestand zumeist aus Flächen von Großgrundbesitzern, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland unter sogenannten Neubauern aufgeteilt wurden. Die BGH-Entscheidung löste eine heftige Debatte aus und gipfelte am 27. Februar in einer Regierungserklärung durch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), in der dieser das Verhalten der Landesregierung in der Vergangenheit zutiefst bedauerte. Um die Umstände aufzuklären, die zu den Enteignungen geführt hatten, setzte das Parlament einen Untersuchungsausschuss ein.

Einfach enteignet: Wie die Familie Ermisch ihr Grundstück verlor.../Der Tagesspiegel v. 11.03.2008

Wie die Familie Ermisch ihr Grundstück verlor - ohne ihr Wissen, ohne ihr Zutun. Bis heute ohne Erklärung.

Von Ralf Schönball 

Bodenreform-Affäre: Die drei wichtigsten Urteile / Der Tagesspiegel vom 10.03.2008

Die drei wichtigsten Urteile

Potsdam steht am Pranger. Die obersten Gerichte haben das Rechtsverständnis der Landesregierung demontiert. Doch wie erklärt sich der unüblich scharfe Ton, den die Richter bei der Verurteilung der Enteignung von Bodenreformflächen anschlagen?