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460 Betroffene unterzeichnen Brief an Bundeskanzlerin / Rückblick nach Veranstaltung in Leuenberg


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Nachdem der Untersuchungsausschuss am Dienstag Ex-Finanzministerin Wilma Simon (SPD) in den Zeugenstand gerufen hat, um weiter Licht ins Dunkel der Bodenreform-Affäre zu bringen, versuchte auch die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) am Mittwochabend mit einer erneuten Veranstaltung im "Forsthaus" in Leuenberg Aufklärungsarbeit zu leisten.

Manfred Graf von Schwerin, Bundesvorsitzender der ARE, hatte auch diesmal nicht den Weg gescheut, um gemeinsam mit Rechtsanwältin Catherine Wildgans, Karl Homer, Sprecher des Bundes der Neusiedler-Erben (BNE), und Friedhelm Zapf, ehemaliger Landrat, geprellte Bodenreformland-Erben über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Dabei erfuhren die aus der Uckermark, dem Barnim und Märkisch-Oderland angereisten Betroffenen, dass inzwischen 460 Männer und Frauen einen Brief an Angela Merkel unterschrieben hätten. In dem Brief wird die Bundeskanzlerin an ihre bereits 1999 aufgemachte Forderung nach der Einstellung des "juristisch zweifelhaften Vorgehens gegen die Bodenreformland-Erben" erinnert. Ferner drängen die Unterzeichner auf eine Gesetzesänderung. Dazu habe die ARE bereits einen Vorschlag mit fünf Punkten erarbeitet.

Empört reagierte der ARE-Bundesvorsitzende auf die Äußerung von Brandenburgs Ex-Finanzministerin Wilma Simon. Sie hatte das Urteil des Bundesgerichtshofes zur Brandenburger Praxis der Enteignung von Bodenreformland-Erben als "mindestens genauso sittenwidrig wie das dem Land vorgeworfene Vorgehen" bezeichnet. So etwas habe es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher wohl noch nie gegeben, sagte Graf von Schwerin kopfschüttelnd.

Unverständnis, ja sogar Wut sprach auch aus den Worten von Karl Homer. Früher war er als Leiter des Amtes für ländliche Entwicklung in Fürstenwalde tätig, heute macht er sich als Sprecher des Bundes der Neusiedler-Erben für deren Interessen stark. Am Mittwochabend versuchte er für all jene, die zum ersten Mal eine solche Informationsveranstaltung besuchten, nachzuvollziehen, wie die Neusiedler-Erben durch das Land um ihr Erbe gebracht wurden und welche Schwierigkeiten es z. B. mit der Einsichtnahme in die Unterlagen bei den Grundbuchämtern gab. Davon kann auch Helga Lampert aus Leuenberg ein eher trauriges Lied singen. Ihr Vater hatte Bodenreformland erworben. Als sie Anfang der 1990er-Jahre Einsicht in die Grundbuch-Unterlagen nehmen wollte, habe man ihr das verweigert. Ähnlich war es den meisten der anwesenden Betroffenen ergangen.

Doch nicht nur dort hat es offenbar Ungereimtheiten gegeben, sondern auch in den Ämtern für offene Vermögensfragen, wie Friedhelm Zapf meinte. Dort säßen die größten Verbrecher, nahm der Frankenfelder kein Blatt vor den Mund. Die Ämter hätten zwar dem Finanzministerium unterstanden, hätten aber völlig selbstständig gearbeitet und entschieden. Dort seien die Weichen gestellt, die Verfahren entwickelt worden, die viele erst später um ihr Vermögen gebracht hätten.

Rechtsanwältin Catherine Wildgans sagte, es habe vor der Wende viele Verzichtserklärungen gegeben, die zwar von den LPG-Vorsitzenden und dem Bürgermeister unterzeichnet worden waren, aber nicht vom Eigentümer selbst. Der habe erst viel später erfahren, dass er aus dem Grundbuch gestrichen worden sei. Dies sei unter anderem in der Uckermark gängige Praxis gewesen.

Sie riet Betroffenen, sich zu Gruppen zusammenzuschließen und gemeinsam rechtliche Schritte einzuleiten. Das käme den Einzelnen günstiger. Derzeit betreut Wildgans zwei Gruppen von je 15 bis 30 Betroffenen. Zudem merkte sie an, dass man zwischen den vor der Wende und den nach der Wende Enteigneten unterscheiden müsse. Im ersten Fall komme Verwaltungsrecht zur Anwendung, bei dem die Verfahren weniger kosten würden, im zweiten Fall greife das Zivilrecht.

Weitere Infos unter ARE Groß Kreutz, Telefon 033207 54402

Freitag, 13. Juni 2008

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