A u t o r e n b e i t r ä g e


Rezension (Auftragsarbeit):


Franz Wimmer- Lanquet: "Balkenkreuz und Halbmond" / Als Abwehroffizier in Afrika und im vorderen Orient
ARES Verlag, Graz 2005. 199 Seiten, 12 Fotos, 4 Graphiken, Hardcover. ISBN 3-902475-18-8, Preis 19,90 Euro / 34, 90 Sfr

von Klaus Peter Fischer


"Wissen ist kein Horn, das man sich wachsen lassen kann"

"Das Leben", so resümiert Franz Wimmer-Lamquet in seiner jetzt im Grazer ARES Verlag unter dem Titel "Balkenkreuz und Halbmond" erschienenen Autobiographie, "bringt jedem Menschen ein- oder zweimal eine große Chance". Mancher ergreife sie, andere ließen sie unbeachtet beiseite. Wimmer-Lanquet ergriff sie. Und sie führte ihn nach Afrika, Ostafrika.
Dort war er Kaffeepflanzer und "Unruhstifter" gegen die Kolonialmacht Großbritannien, später Leiter einer Großwäscherei, Leutnant der Wehrmacht und Oberst der Arabischen Sicherungsverbände, Ausbilder an der Agentenschule in Hoppenrade bei Kyritz an der Knatter, Ehemann einer arabischen Prinzessin und - ebenfalls auf höhere Weisung - Bordellbetreiber. Der Lebensgang des in Potsdam aufgewachsenen und aus einer alten Wiener Offiziersfamilie stammenden Wimmer-Lamquet übersteigt selbst die an Denkwürdigkeiten gewiß nicht arme Ära zwischen den beiden Großen Durchgängen des letzten Jahrhunderts weit, die einsichtigere Historiker mitunter auch als den eigentlichen Dreißigjährigen Krieg der Neuzeit bezeichnen.

Der spätere Abwehroffizier kommt früh über bestehende Querverbindungen des Vaters, Oberstleutnant, Teilnehmer an den schweren Isonzoschlachten, in Verbindung mit jenen Kreisen, die an einer Revision der Pariser Vorortverträge arbeiten. Unter ihnen General von Lettow-Vorbeck und jener vormalige Kapitän zur See, der später als Admiral bekannt geworden ist und folgenschwer in die Geschicke des Krieges eingreift, Canaris. Der bringt eines Tages einen jungen Marineoffizier namens Reinhard Heydrich mit, der bereits einen festen Plan zur Rückübertragung der von den Siegermächten übernommenen deutschen Kolonien besitzt. In seinem Plädoyer führt er aus, daß sich einerseits die deutschen Kolonien, anders als die Kolonien anderer Mächte, trotz der nur 25-jährigen Verwaltung stets im finanziellen Gleichgewicht befunden hätten und andererseits unerläßlich für "die Ernährung und zur Umsiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses" seien. Die deutschen Kolonien, sie wurden vom Völkerbund als Mandatsgebiete verwaltet, sollten bei einer erwarteten Befragung der Bewohner durch gezielte deutsche Rückbesiedlung Einfluß auf das Verhalten von Mandatsherren und Bevölkerung nehmen.
Was dazu fehlte, waren Männer, die bereit waren, diese harte und entbehrungsreiche Aufgabe auf sich zu nehmen. Wimmer-Lamquet war so ein Mann, klug, historisch gebildet, zielstrebig, wißenbegierig und - 15 Jahre jung! Landeskunde, Geographie, Menschen- und Agrarkunde waren zu erlernen, dann kamen die Sprachen, die der Kolonialmächte und afrikanische mit ihren vielen Dialekten. Sein erster Satz, den er in Kisuaheli lernt: "Ukuu si pembe kam mtu ataota" (Wissen ist kein Horn, das man sich wachsen lassen kann).

Das Bedeutsame des Buches ragt weit über das Biographische hinaus. Es vermittelt einen bislang wenig bekannten Einblick in die deutsche Kolonialgeschichte und führt mit tiefen Seitensichten in die wechselvolle Geschichte des schwarzen Kontinents während es Zweiten Weltkrieges, wobei auch die gerade für uns Heutige so bedeutsame Sphäre der arabischen Welt mit ihren islamischen Prägungen kundig geschildert wird. Erwähnenswert und bislang wohl noch kaum aufgearbeitet eine Episode aus der schillernden Welt der Abwehr-Zentrale Maybach bei Zossen: Die Blitzmeldung des Agenten "Chinese" über die bevorstehende Alliierte Invasion an der Atlantikküste von Nordafrika und Oran im Mittelmeer wird der Abwehr durchgegeben, aber deren Chef erklärt sie kurzerhand für "unseriös" und befiehlt, umgehend den Kontakt zum V-Mann "Chinese" abzubrechen.


Der Rezensent K. P. Fischer ist Autor des Sachbuches "Kirche und Christen in der DDR", Verlag Gebr. Holzapfel, und des unlängst im Ludwigsfelder Verlagshaus erschienen Romans "Der Schein"



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